Nach zwei Wochen ist alles vorbei. So schnell überstehen die meisten Menschen Corona. Die Wirtschaft leidet länger. Es hat ihre Lunge erwischt. Über Marketing, Werbung und Unternehmenskommunikation atmete sie in vollen Zügen Interesse und Nachfrage. Nun bekommt sie kaum mehr Luft. Der Staat reagiert mit Finanzspritzen. Aber der Stoffwechsel, der Leads in Kunden und überlebenswichtigen Umsatz verwandelt, kommt nicht auf Touren. Gäbe es doch eine Corona-Schutzimpfung für Industrie, Handel und Dienstleister! Damit ist allerdings nicht einmal in einem Jahr zu rechnen. Bleibt die Frage: Was tun, um negative Auswirkungen des Virus auf das eigene Unternehmen zu minimieren? Fünf Tipps …

 

Tipp 1: Nicht die Luft anhalten

Für viele Betriebe ist die Luft aktuell sehr dünn. Doch sie deswegen anzuhalten, keine neue zu atmen und den Werbegeldhahn wie Mund und Nase einfach dicht zu machen, ist riskant. Vom Odem vergangener Zeiten kann man nicht ewig zehren. Der spanische Freediver Aleix Seguara inhalierte im Februar 2016 reinen Sauerstoff. Dann begab er sich 24 Minuten und 3 Sekunden unter Wasser. Wäre er nach seinem Apnoe-Weltrekord nicht gleich aufgetaucht, wäre er in ein Delirium gefallen und ohne es selbst zu merken gestorben. Angesichts des Ernstes der Lage mag das Beispiel aus dem Guinnessbuch als unpassende Analogie erscheinen. Doch ein Blick in die Marketing-Fachliteratur lehrt dasselbe wie sie. Zudem liefert das »Handbuch Werbeforschung«, herausgegeben von den Kommunikationswissenschaftlern Gabriele Siegert, Werner Wirth, Patrick Weber und Juliane A. Lischka von den Universitäten Zürich und Hohenheim, eine bemerkenswerte Randnotiz: Singapur hat nicht nur zu Beginn der Corona-Pandemie vorbildlich gehandelt. »So haben singapurische Entscheidungsträger Kommunikationsbudgets während der asiatischen Wirtschaftskrise 1997 eher erhöht, während US-amerikanische Firmen während der Ölkrise 1973 Budgets reduzierten. Möglicherweise kann dies aber auch einem Lerneffekt geschuldet sein, da diejenigen Firmen, die während der US-Ölkrise ihre Budgets erhöhten, im folgenden Aufschwung größere Gewinne erzielten.«

 

 

Tipp 2: Abstand nehmen

Aus der Geschichte lernen, ist das Eine. Aber gibt es auch aktuell Leitsterne am Marketinghimmel? Mercedes-Benz wirbt mit dem Hashtag #stayhome. Coca-Cola lässt auf Online-Bannern die Buchstaben seines Markenschriftzugs auseinanderwandern und untertitelt das Ganze mit »Staying apart is the best way to stay united«. Und REWE sagt seinen Kunden auf Plakaten: »Danke fürs Abstand- und Zusammenhalten.« Botschaften wie diese beherrschen noch immer die Werbeplätze. Für seinen Bereich macht sich der Journalismus Gedanken, ob dies die richtigen Kommunikationsinhalte sind. Auf kress.de fragt Benjamin Piel, Theodor-Wolff-Preisträger und Chefredakteur des »Mindener Tageblatts«: »Stehen die Medien in der Verantwortung zu erreichen, dass Menschen ihre Häuser nicht verlassen? Ist Distanz bedeutungslos im Kampf gegen ein Virus? Oder ist Abstandhalten jetzt besonders wichtig? Schaffen wir das gerade? Uns nicht gemein zu machen, nicht in öffentliche Betroffenheit zu versinken? … Ich finde: nein. Unsere Mission ist nicht, Menschen zu irgendetwas zu überreden – und sei es in bester Absicht. Unsere Aufgabe ist es, Menschen zu informieren, damit sie zu einer Entscheidung kommen können.«

Sollten sich auch Unternehmen nicht gemein machen mit Botschaften der Politik? Laufen sie Gefahr, dafür von potenziellen Kunden und Konsumenten wie Parlamentarier abgewählt zu werden, wenn das Proklamierte – vielleicht nicht jetzt, aber im Nachhinein – als falsch wahrgenommen wird? Gut, dass sich diese Fragen von selbst überholen. Denn auf Dauer wird es etwa für keinen Automobilhersteller Sinn machen, dafür zu werben, zu Hause zu bleiben. Abgesehen davon, ob er jemals ein glaubwürdiger Absender für einen solchen Aufruf war.

Was bleibt, ist Benjamin Piels Rat, sich darauf zu konzentrieren, Menschen möglichst neutral zu einem eigenen Urteil zu verhelfen. Dieser Empfehlung zu folgen, dürfte sich auch für Werbetreibende langfristig auszahlen. Dafür sprechen die Zahlen, die HubSpot gerade vorgelegt hat. Der Anbieter einer integrierten Marketing-, Sales- und CRM-Plattform hat anonymisierte Daten seiner weltweit mehr als 70.000 Kunden ausgewertet. Der Analyse zufolge hat sich die Anzahl der abgeschlossenen Deals im April 2020 im Vergleich zu Februar 2020 zwar um rund 20 Prozent verringert. Allerdings stieg die Engagementrate bei Marketing-E-Mails ohne vordergründigem Sales-Interesse parallel um mehr als 25 Prozent. Der Boden für informative Unternehmensbotschaften ist demnach fruchtbarer denn je.

 

Tipp 3: Auf den Inbound-Zug springen

Content- und Inbound-Marketing sollten jetzt die Kommunikationsmittel der Wahl sein. Aber sind sie das nicht schon lange? »Kauf, Du Arsch!«, stand 2014 in großen Lettern auf dem Cover von »brand eins«. Der Titel der Februar-Ausgabe mit dem Schwerpunkt »Werbung« war »intern umstritten«, schrieb Gabriele Fischer in ihrem Editorial. »Aber je länger wir in das Thema eintauchten, desto passender fanden wir ihn. Reklame, die mit Witz, Information und Charme um unser Interesse wirbt, wird seltener – dafür begegnet uns immer öfter platte Anmache, die nicht mehr um uns wirbt, sondern uns bedrängt.« Als Online-Stalking empfundenes Retargeting, 10-Sekunden-Clips zwischen Fernsehsendungen, UVP-Durchstreich- und Tiefstpreisorgien … All das stieß auf – und ein altes Rezept gegen Reklame-Reflux wurde neu entdeckt: die Erzählkunst. Unter dem Etikett Storytelling und unter dem Mantel von Content-Marketing erlebte sie einen Boom. Weltweit hält er laut Google Trends noch immer an. In Deutschland jedoch hat er seinen Höhepunkt hinter sich. Im Januar 2016 war der Indexwert 100 erreicht. Seither flacht das Interesse an Content-Marketing ab. Aktuell ist es mit einem Indexwert von rund 50 gerade einmal halb so hoch. So gilt das Fazit von Gabriele Fischers Editorial noch heute: »Es fehlt … nicht an Ideen, es besser zu machen, nur an der Konsequenz.«

 

Tipp 4: Mit dem Wandel gehen

Aber was macht Content-Marketing erfolgreich, gerade in Corona-Zeiten? Zu den üblichen Nachrichten kommen ständig neue Wasserstandsmeldungen zur Krise und zu den Bemühungen, sie zu bewältigen. Der Nachrichtenfluss wird breiter, sein Rauschen immer lauter. Wie soll sich da ein Mensch konzentrieren können, um ausgerechnet Inhalten von Unternehmen seine Aufmerksamkeit zu schenken? Die Lösung: Sie müssen ihm eine Brücke bauen, die ihn in seiner Lebenswelt abholt und zu diesen Inhalten führt. Ihre Pfeiler sind Relevanz und Mehrwert in Form von Service, Unterhaltung und spannender Information. Sind sie stabil und tragfähig genug, hat die Brücke das Potenzial zu einem gern genutzten Weg, der Marken und Zielgruppen dauerhaft verbindet.

Unternehmen, die schon länger auf Content-Marketing setzen, haben diese Brücken bereits gebaut. Sie tun jetzt gut daran, deren Statik zu überprüfen. Denn deren Fundament gerät ins Wanken: die Konstruktion, die Kommunikationsarchitekten Personae nennen. Bei einer Persona handelt es sich um eine fiktive Person, die den typischen Kunden repräsentiert – mit all seinen soziodemografischen und psychologischen Besonderheiten, seinen Kommunikationsvorlieben, seinen Zielen und Herausforderungen. Durch die Analyse bestehender Kundendaten, durch Befragungen und das Heranziehen externer Studien lassen sich diese Eigenschaften gut ermitteln. Sie dienen als Maßstab für die Relevanz von Kommunikationsinhalten. Doch aktuell sind sie im Wandel.

Covid-19 bringt vier neue Verbrauchertypen hervor, sagt die Mediaagentur Wavemaker und belegt das mit einer repräsentativen Studie, für die 1.500 Menschen in Deutschland befragt wurden. Im Wesentlichen unterscheiden sich diese Konsumenten, durch ihre Strategie, mit der Pandemie umzugehen. Die einen legen ihren Fokus jetzt ganz auf sich selbst, die anderen entdecken ihr Solidaritätsgefühl. Wieder andere feiern Corona als Event oder lenken sich ab durch Konsum. Das Zukunftsinstitut blickt darüber hinaus auf die gesamte Gesellschaft. In einem Whitepaper zeigt es vier Szenarien auf, wohin sie sich entwickeln könnte. Zwei optimistische Varianten malen Bilder, in denen sich die Bevölkerung entweder komplett ins Private zurückzieht oder sich in ihrem öffentlichen Leben den Erfordernissen der Krise anpasst. Zwei pessimistische Szenarien beschreiben eine Welt, in der alle gegen alle um Vorteile kämpfen, oder die sich durch einen System-Crash im permanenten Krisenmodus befindet. Was die Zukunft tatsächlich bringt, wird sich zeigen. Fest steht: Unternehmen sind gut beraten, ihre aktuellen Personae zu hinterfragen und ihre Kommunikation an den Wandel derer Bedürfnisse und Einstellungen anzupassen.

 

Tipp 5: Die Mitarbeiter nicht vergessen

Sie werden als Helden der Arbeit gefeiert: die Beschäftigten von Krankenhäusern, der Post, von Supermärkten … Für sie werden höhere Gehälter gefordert, Sonderzahlungen. Was oft vergessen wird: Eine Investition in die interne Kommunikation wäre in vielen Fällen eine ebenso angemessene Wertschätzung. Der neue Edelmann-Trust-Report zeigt, wie wichtig diese gerade in Krisenzeiten ist. Denn laut der Studie vertraut die Belegschaft jetzt niemandem mehr als ihrem Arbeitgeber – weder Regierungen, noch NGOs. Entsprechend hoch sind die Erwartungen der Mitarbeiter. Sie wünschen sich Informationen in kurzem Rhythmus und von großer Bandbreite: Haben sich Kolleginnen oder Kollegen mit dem Virus infiziert? Wie beeinflusst es die Leistungsfähigkeit des Unternehmens? Welche Maßnahmen werden getroffen, um sie aufrecht zu erhalten? Themen, über die 63 Prozent der Mitarbeiter täglich informiert werden wollen, 20 Prozent am liebsten mehrmals am Tag.

Höchste Zeit also, die Medien der eigenen internen Kommunikation auf den Prüfstand zu stellen: Mitarbeitermagazine und -zeitungen können die geforderte Aktualität kaum leisten. Das Intranet ist für den Teil der Belegschaft ohne PC-Arbeitsplatz nur schwer zugänglich. Und spontan ins Leben gerufene WhatsApp-Gruppen entsprechen nicht den Anforderungen der DSGVO. Die Lösung sind Mitarbeiter-Apps. Viessmann, ein internationaler Hersteller von Heizungs-, Industrie- und Kühlsystemen, setzt zum Beispiel auf Staffbase. Die App erwies sich insbesondere zu Beginn der Pandemie als nützlich. Hunderte Viessmann-Angestellte arbeiten in China. Der Nachrichtenfluss in dem Land ist staatlich geregelt. Über die Smartphone-Anwendung erhielten sie trotzdem wichtige Informationen zu Präventionsmaßnahmen und die neuesten Unternehmens-Updates. Andere wie der Flughafen London-Heathrow oder die Hotelkette Hilton bevorzugen die Mitarbeiter-App Beekeeper. Beide profitieren aktuell von Lesebestätigungen für Sicherheitshinweise, von dem In-App-Übersetzungstool, das gerade bei der internationalen Mitarbeiterkommunikation Zeit spart, sowie vom Schichtplaner, mit dem sich der Einsatz der Belegschaft flexibel und unkompliziert an täglich neue Situationen anpassen lässt. Egal für welche Lösung man sich entscheidet, sie zahlt sich aus: jetzt und nach der Krise – allein schon durch höhere Mitarbeiterzufriedenheit.

 

Foto: Engin Akyurt/unsplash.com



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